Diesen Sommer haben wir es endlich geschafft einmal nicht nach Korsika zu fahren. An die französische Atlantikküste wollten wir immer schon mal und nun landen wir in Aquitanien unweit des Städtchens Soulac-sur-Mer. Letzteres war zwingend, da Eure Mutter unmissverständlich kundgetan hat nicht wieder irgendwo im Nirgendwo landen zu wollen und man eine nicht zu mickrige Ortschaft zumindest mit dem Fahrrad erreichen können muss. Mindestanforderung also erfüllt. Soweit so gut. Der auserkorene Campingplatz verfügt über einen eigenen Hundestrand, die Rahmenbedingungen stimmen somit. Bleibt nur noch das wettermäßige Restrisiko, da ich jedem geographischen Punkt nördlich des Mittelmeers witterungstechnisch zutiefst misstraue selbst wenn wir über Anfang Juli sprechen.
Wir starten Freitag direkt nach Schulschluss kommen aber nicht ganz so weit, da ja um 18Uhr das EM-Viertelfinale zwischen Deutschland und Spanien ansteht. Das müssen wir natürlich live gucken und somit campieren wir kurz vor Paris. Eure Mutter und Sarah Sophie schaffen sogar noch eine kleine Shoppingrunde während Leo und ich uns gebührend auf das Spiel vorbereiten. Zum Spiel selbst muss man wohl nichts mehr sagen, jedenfalls ist die Europameisterschaft bekanntlich danach irgendwie zu Ende. Am nächsten Morgen geht es weiter und nachmittags erreichen wir unser Ziel: Der größte Campingplatz auf dem ich je war. Das ganze ist eher eine Stadt mit Marktplatz, mehreren Restaurants, Geschäften und – ganz wichtig für Euch – drei Pools. Die dazugehörenden Rutschen habe ich Euch wohl minimal zu opulent verkauft, die Reaktion stabilisiert sich auf „Na, ja“-Niveau.
Tja, und die folgenden Tage sind vor allem eins: Gefühlt kalt. Vor allem morgens, abends, von den Nächten ganz zu schweigen ist es unangenehm und ich begreife warum einer der Pools von einer Halle umbaut ist. Das Animationsprogramm hingegen liegt voll auf Eurer Welle und ihr seit an den Vormittagen meist verschwunden. Man kann nicht alles haben.
Der Strand bietet seinen ganz einen Charme, liegen wir hier zwischen zahlreichen Bunkeranlagen des sogenannten Atlantikwalls mittels dessen Nazideutschland die alliierte Invasion verhindern wollte. Absurde Relikte deutschen Größenwahns aus meterdickem Beton liegen diese Kolosse kreuz und quer im Sand. Garniert wird das ganze von einem rauen Atlantik an dessen Küste gerne rote Flaggen wehen. Baden ist daher oft nicht. Das klingt jetzt alles ganz furchtbar, empfinde allerdings nur ich so. Ihr habt mit Marie schnell eine gemeinsame Freundin gefunden und mit deren Mutter absolviert Eure Mutter stundenlange Besuche im Café. Emma war noch nie so viel spazieren wie in der ersten Woche dieser Ferien. Irgendwie sind fast alle zufrieden. Wie schön Korsika jetzt bestimmt ist.
Ab Woche zwei ist aber alles gut, die Wind-/ und Wetterkapriolen geben auf, die Temperaturen steigen und schwimmen kann man jetzt im Meer auch. Ich gebe Ruhe und der Hund liegt ab sofort wieder standesgemäß faul am Strand herum.
Für unsere Verhältnisse gehen wir in diesen Ferien recht häufig essen und das liegt vor allem an Sarah Sophie. Du hast Austern für Dich entdeckt. Eine Leidenschaft der eure Mutter ebenfalls innig frönt und es bedarf daher wenig Überredungskunst. Wir sitzen hier natürlich auch direkt an der Quelle und mindestens jeden zweiten Tag im Restaurant. Klar was hier zur Vorspeise geordert wird. Leo tappert ohne Murren mit und ernährt sich ausschließlich von Chicken Nuggets mit Pommes frites. Eure Mutter und ich beschließen, daß das in den Ferien auch erlaubt ist und verbringen einen entspannten Urlaub. An manchen Tagen schaffen die Damen sogar schon zum Lunch ein paar Austern vorneweg. Wenn man sowieso gerade im Bistro sitzt. Wozu extra aufstehen.
Den Austern-Campingplatz finden alle so großartig, daß ihr bereits vor der Abreise beschließt im kommenden Jahr wieder hierher zu wollen und ich doch tatsächlich am letzten Tag bereits für den nächsten Sommer reserviere. Ich glaube, das wird das neue Korsika. Am besten gewöhne ich mich zügig daran. Ach, das zwingend nötig vorhanden sein müssende Städtchen in erreichbarer Entfernung haben wir übrigens nie besucht. Wahrscheinlich saß immer irgendeiner in der Austernbude.
Um die Sache mit dem Städtchen aber dann doch noch irgendwie rund zu bekommen fahren wir zum Abschluss einen kleinen Umweg um ein Open-Air Konzert von Nina Chuba zu besuchen. Daher merke: Emmendingen im Breisgau liegt praktisch fast am Atlantik. Alles eine Frage der Perspektive und der Motivation.
Da gab es aber gar keine Austern. Komisch!